Die Prinzipien aus dem Boot geworfen

Im Interview mit SF nicht mehr DRS sagte Köbi Kuhn: „Ich bin froh, dass ich Hansruedi Hasler in mein Boot holen konnte.“ Es geht nun in diesem Blog nicht um Hansruedi Hasler, der als technischer Direktor des SFV zumindest einen ordentlichen Job macht. Viel mehr geht es um die Aussage „mein Boot“. Die Nationalmannschaft ist als das Boot von Kuhn, und er bestimmt, wer auf das Boot darf und wer nicht. Diesen Eindruck vermittelt seine Aussage. In diesem Boot steht Köbi nach seiner Ansicht alleine auf der Kommando-Brücke und gibt die Befehle und erstellt die Passagierlisten. Pont darf höchstens Brückenbauer sein. Offenbar.

Kuhn gilt als äusserst sturer Zeitgenossen, wie er selber auch (ungern) zugibt. Er macht dieses Zugeständnis vor allem im Positiven, wie er vor der WM in einem Interview mit der Agentur „Sportinformation“ einmal bekannte. Er hält an Spielern fest, in die er sein Vertrauen hat. Das bringt nun ordentlich in die Bredouille. Auch sagte nämlich Kuhn, dass nur Chancen auf ein EM-Ticket hat, wer in seinem Verein auch regelmässig spiele. Dieses Prinzip warf er nun für die Aufgebote für die Länderspiele ordentlich über den Haufen resp. warf es über Bord, um bei der anfangs gewählten Metapher zu bleiben. Xavier Margairaz und Gelson Fernandes haben seit ihren Transfers im Sommer bei Osasuna resp. Manchester City noch keine Sekunde eines Meisterschaftsspiels absolviert. Fernandes kam wenigstens im unbedeutenden Liga-Cup einmal zum Einsatz. Dennoch stehen sie im Kader für diese Länderspiele und nicht Benjamin Huggel, der fussballerisch zwar nicht die Qualitäten seiner beiden Konkurrenten hat, aber in Basel zuletzt sehr solide spielte. Also vor allem spielte.

Ein Ticket für Kuhns Boot erhielt auch Fabio Coltorti, der sich als Ratte erwies und das sinkende GC-Schiff verliess. In Santander, wohin er in der Annahme reiste, die Nummer 1 zu sein, ist der Krienser aber nicht Matrose, sondern höchstens Hilfs-Matrose. Nun hält Kuhn stur an seinem Rotations-Prinzip für Goalies fest, was ihm zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht zu verargen ist. Innerlich hat er sich ohnehin schon auf eine Nummer 1 festgelegt. Oder sollte man sagen festgelegt gehabt. Schliesslich machte er eine dahingehende Angabe als Coltorti noch energielos in Schweizer Strafräumen umherirrte und nicht den Wolldeckenplatz auf der iberischen Halbinsel innehatte. Dass er jüngst auch noch Johnny Leoni und nun Germano Vailati eine Mitfahrgelegenheit im Nati-Boot anbot, deutet daraufhin, dass er für die EM nicht die drei rotierenden Goalies mit einem Fahrschein ausstatten will.

Vorläufig von Bord geworfen hat Kuhn aber nicht nur die zu Beginn des Jahres verkündete Doktrin der Spielpraxis im Verein, sondern auch Mario Eggimann. Der Captain des Karlsruher SC, immerhin aktueller Zweiter in der Bundesliga, hatte im Spiel gegen Chile die Chance, sich während 45 Minuten zu zeigen. Dann noch fünf Minuten gegen Japan, wobei niemand so genau weiss, für was das hätte gut sein sollen. Jetzt will Kuhn sich Stéphane Grichting noch einmal genauer ansehen nach seiner Verletzung, so zumindest begründete der Kommandant die Wahl seiner Besatzung. Am Kai schüttelten die Beobachter ungläubig den Kopf. Und der erfolgreiche Becker aus Karlsruhe versteht nicht ganz, wieso sein Holzfäller-Brot den Ansprüchen nicht genügen soll.

Das Boot ist nun wieder unterwegs für die Spiele gegen Österreich und die USA. Vor einem Jahr gab es gegen den östlichen Nachbarn eine zünftige Havarie, gleiches gilt es nun zu vermeiden. Sonst werden die Rufe nach neuen Leuten an den Rudern doch noch laut.

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