Sehen wir es negativ

Nur eine kleine Replik zuerst zu dem, was in den letzten beiden Tagen im Tages-Anzeiger zu lesen war. Die EM-Euphorie geht unserem Land ab. So kurz das Fazit der beiden längeren Artikel von gestern und heute. Falls jemand nicht die Zeit hat, alles zu lesen. Auslöser war ein Podiumsgespräch, wo Benedikt Weibel (Schweizerischer EM-Koordinator) wenig euphorisch weibelte, wo Alexander Pereira im hohen C jammerte und was weiss ich noch. Summasummarum wurde an vielem gemäkelt und genörgelt.

Die Seefelder (nobles Zürcher Quartier mit eher teuren Wohnungen) lamentieren über die Sperrung des Uotquais, weil Fanmeile. Hallo!? Drei, maximal vier Wochen mehr Verkehr wird ja wohl zu überleben sein. Sonst gibt es eine Zwangsumsiedlung an die Rosengarten- oder die Weststrasse. Pereira hat Angst um seine Oper, weil genau da ja die Fanmeile ist (man erkläre ihm auch einmal, dass diese nicht nur auf der Sächsilüüte-Wiese sein wird). Und Doris Fiala, die aus irgendeinem Grund auch präsent war (hat wohl einen Termindurcheinander und gedacht, es sei noch Wahlkampf), fürchtet um das Sicherheitskonzept. Hier noch einige Aussagen der überforderten Seefelder (Aus dem Tagi vom Dienstag): "Wie gelangt meine Frau am Abend aus der Innenstadt nach Hause, wenn Trams und Züge voll sind und die Strassen gesperrt?" (Erstens sind die Trams auch jetzt in den Stosszeiten rappelvoll, zweitens kann man den dicken BMW-Offroader auch gut einmal ein bisschen stehen lassen), Wer bezahlt meine Statuen im Garten, wenn sie von Schlachtenbummlern zerstört werden?" (Erstens die Versicherung, zweitens scheint diese Person ohnehin nicht am Hungertuch zu nagen), "Was mache ich mit meinen Kindern, wenn ich drei Wochen lang nicht mit ihnen im See baden kann?" (Und jetzt bin ich tatsächlich sprachlos). Wird Ausnahmezustand herrschen, Krieg sein???

Für alle, die an der WM waren: Es wird in erster Linie ein grosses, friedliches Fest werden. Es wird eine gigantische Stimmung herrschen. Und man erinnere sich wie in Deutschlad noch wenigen Wochen vor dem ersten Anpfiff auch rumgemäkelt wurde (vor allem an der eigenen Nationalmannschaft). Wenn also der Wiener Pereira sagt, in Zürich denke man zu klein, dann sei ihm gesagt, dass Zürich zwar schweizerisch das grösste ist, aber im internationalen Vergleich halt auch tatsächlich klein. Und vielleicht sollte er ja auch nicht vergessen, dass sie Stadt sein Haus jährlich mit einem schönen Betrag alimentiert... Nur so ein Detail am Rande. Fiala protierte vor Ort den Widerstand gegen die erwähnte Sperrung des Utoquais (resp. Bellerivestrasse). Die Sperrung wird nicht von 0 bis 24 Uhr dauern, sondern von 14 bis 5 Uhr.

Sehen wir es also negativ, scheint die Devise vor der EM zu sein. Man könnte anfügen, dass ja auch die Deutschen vor zwei Jahren und nun auch die Österreicher am Jammern und Lamentieren waren resp. sind. Ja! Nur beklagen diese in erster Linie die lamentablen Auftritte ihrer Nationalteams. Aber vielleicht rücken ja nur so die anderen Probleme in den Hintergrund. Sollen wir also Köbi Kuhn den Auftrag geben, gegen Nigeria einen Grottenkick zu zeigen?

Es ist also da, das Aufgebot für das Länderspiel gegen Nigeria. Dass Valon Behrami nicht berücksichtigt wurde, überrascht höchstens den Spieler selber. Nicht einmal mehr die Journalisten, die ihm sehr die Treue gehalten haben, vermochten ihm nach dem letzten Auftritten (im Nationalteam, im Nationalteam! An Behramis Leistung im Verein gibt es nicht ein blondiertes Haar auszusetzen!) den Rücken zu stärken.

Zuhause bleiben muss auch Johan Vonlanthen, der allerdings kaum um seinen EM-Platz fürchten muss. Ihm gönnt Jakob Kuhn einfach mal ein Päuselchen. Dann steht endlich Mario Eggimann wieder auf der Liste, was eigentlich ja nicht spezielle vermerkt werden müsste, dass es doch geschieht, zeigt, wie sonderbar manchmal Aufgebote wirken können. Und ja, Stéphane Grichting darf auch. Philippe Senderos kann nicht, und hat in Arsenal (resp. bei Arsenal) seinen Stammplatz wohl wieder an William Gallas verloren. Der Franzose ist Captain und schoss gegen Manchester United das 0:1 und das 2:2. Ersteres wird ihm von Arsene Wenger jedoch kaum Lob eingebracht haben. Als vierter Innenverteidiger steht Steve von Bergen im Aufgebot, dem der Bundesligawind deutlich rauher um die Ohren bläst als dem Herr Eggimann.

Auf der seite nix Neues: Philipp Degen, wieder gesund, und Ludovic Magnin, auch wieder gesund. Die Irrwische sind gesetzt. Spycher und Lichtsteiner haben das Wolldecken-Abo gelöst.

Im Mittelfeld soll wohl Gelson Fernandes wieder Spielpraxis erhalten, die ihm Sven-Göran Eriksson nicht zugesteht. Benjamin Huggel darf auch mitmachen, falls er sich vom Ellbogenschlag Zayattes schon erholt hat. Inler ist sowieso gesetzt, der sorgt ja in der Serie A schon ordentlich für Wirbel! Udn für den Wirbel an den Seitenlinien (und noch innerhalb des Feldes) bot Kuhn Barnetta (logisch) und David degen (zwei auf einmal, wenn das nur gut geht) auf. Und wenn nichts passiert, dann erlebt Daniel Gygax seine Letzigrund-Premiere doch noch. Aber man weiss ja, ein bisschen verletzungsanfällig scheint er ja zu sein. Margairaz, der jetzt in Osasuna auch endlich spielt, darf sich ebenso beweisen wie Hakan Yakin. Vielleicht merkt man ja endlich einmal am Spiel, dass sie tatsächlich in der Aufstellung stehen – wenn sie denn in der Aufstellung stehen.
Im Sturm ist auch die alte Leier: Frei hat frei wegen verletzt, (N)Kufo und Strelli sollens richten.


Tor: Diego Benaglio (Nacional Funchal/24 Jahre/7 Länderspiele/0 Tore), Fabio Coltorti (Santander/26/8/0), Pascal Zuberbühler (Neuchâtel Xamax/36/50/0). – Verteidigung: Philipp Degen (Dortmund/24/28/0), Johan Djourou (Birmingham City/20/15/1), Mario Eggimann (Karlsruhe/26/2/0), Stéphane Grichting (Auxerre/28/14/0), Stephan Lichtsteiner (Lille/23/7/0), Ludovic Magnin (Stuttgart/28/47/3), Christoph Spycher (Eintracht Frankfurt/29/35/0), Steve von Bergen (Hertha Berlin/24/4/0). – Mittelfeld und Sturm: Tranquillo Barnetta (Leverkusen/22/29/6), David Degen (Basel/24/8/0), Gelson Fernandes (Manchester City/21/3/0), Daniel Gygax (Metz/26/29/5), Benjamin Huggel (Basel/30/22/0), Gökhan Inler (Udinese/23/12/1), Xavier Margairaz (Osasuna/23/15/1), Hakan Yakin (Young Boys/30/61/15), Blaise Nkufo (Twente Enschede/32/12/2), Marco Streller (Basel/26/26/11).

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